Beitrag Ingo Theissen – Graf Schweinitz, Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

Achtung bei Verfallfristen!

Im Arbeitsrecht gibt es vielzählige sogenannte Verfallfristen, die man auch Ausschlussfristen nennt.

Beim Eingreifen von Verfallfristen erlöschen ihre Ansprüche komplett und es gibt nur noch wenig Möglichkeiten, gegen dieses Erlöschen der Ansprüche vorzugehen.

In Verfallfristen ist üblicherweise geregelt, dass ihre Ansprüche (z.B. die Ansprüche eines Arbeitnehmers auf Überstundenvergütung oder Urlaubsabgeltung) gegenüber dem Schuldner (hier: dem Arbeitgeber) „geltend gemacht“ werden müssen, damit die Ansprüche nicht erlöschen.

Andersherum: Lässt man die Verfallfrist verstreichen, so erlischt der behauptete Anspruch und die Durchsetzung dieses Anspruchs ist – typischerweise vor dem Ablauf der Verjährung! – ausgeschlossen.

Verfallfristen gibt es in nahezu jedem der rund 77.000 gültigen Tarifverträge in Deutschland. Auch in den weitaus meisten (neuen) Arbeitsverträgen sind Verfallfristen geregelt.

Diese lauten üblicherweise dahin:

  • Ausschlussfristen

(1) Alle Ansprüche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform (früher häufiger:: schriftlich) geltend gemacht werden.

 (2) Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

 Verfallfristen sind häufig unwirksam:

Verfallfristen in Arbeitsverträgen sind regelmäßig als Allgemeine Geschäftsbedingungen einer Inhaltskontrolle zu unterziehen. Sie müssen also verständlich und klar sein, dürfen sich nicht nur auf die Ansprüche des Arbeitnehmers und nicht auf Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichen Pflichtverletzungen beziehen. Ferner dürfen die Verfallfristen nicht kürzer sein als 3 Monate.

Ist eine Verfallfrist von einem Arbeitnehmer versäumt worden, kann er sich möglicherweise noch damit verteidigen, dass die Verfallfrist nicht gilt, weil der Arbeitgeber auf eine solche Ausschlussfrist nicht hingewiesen hat.

Verfallfristen gibt es auch in Tarifverträgen. Eine AGB-Kontrolle findet bei tariflichen Regelungen allerdings nicht statt. Hintergrund hierzu ist, dass Gesetz und Gerichte davon ausgehen, dass die Tarifvertragsparteien (in der Regel: Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften) schon wissen, was gesetzmäßig und was zu tun und zu lassen ist.

Aber auch hier gilt, dass man sich gegen die Geltung einer Verfallfrist wenden kann, wenn man – entgegen den Regelungen des Nachweisgesetzes – auf die Geltung der tarifvertraglichen Verfallregelung nicht hingewiesen worden ist.

Früher war häufig festgelegt, dass zum Ausschluss der Verfallfristen die Geltendmachung der behaupteten Forderung „schriftlich“ stattfinden müsse. Schriftlich heißt: geschrieben und unterschrieben (also kein Fax, keine Mail und erst recht keine whatsapp Nachricht!).

Inzwischen gilt für Arbeitsverhältnisse, die ab dem 01.10.2016 begründet worden sind und eine Verfallregelung umfassen, dass eine Ausschlussfrist unwirksam ist, wenn mehr als „Textform“ (§ 126b BGB) verlangt. Textform nun wiederum bedeutet, dass eine lesbare Erklärung vorliegen muss, in der die Person des Erklärenden genannt ist und die auf einem dauerhaftem Datenträger abgegeben wird. Dauerhafter Datenträger ist insoweit alles, was zur Aufbewahrung oder Speicherung für einen gewissen Zeitraum zugänglich und geeignet ist.

Zusammenfassung: Wenn Sie Ansprüche in einem Arbeitsverhältnis als Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber durchsetzen wollen, bedenken Sie stets die Verfallfristen. Sie könnten es sonst sehr bereuen, wenn Ihre Ansprüche ohne weiteres Zutun komplett verfallen! Es dürfte sinnvoll sein, stets einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt oder eine spezialisierte Anwältin einzuschalten.